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Rheumatische ErkrankungenDen Geschlechterunterschieden auf der Spur

19.10.2023Ausgabe 5/20232min. Lesedauer

Die meisten rheumatischen Erkrankungen, vor allem Kollagenosen und die Rheumatoide Arthritis (RA), betreffen mehr Frauen als Männer. In der Regel geben Patientinnen auch eine höhere Krankheitslast an. „Umso verwunderlicher erscheint es, dass Frauen im Durchschnitt deutlich später eine Diagnose erhalten“, sagte Priv.-Doz. Dr. med. Uta Kiltz, Oberärztin am Rheumazentrum Ruhrgebiet, bei der Pressekonferenz vor dem DGRh-Kongress. Nach den Gründen für die unterschiedliche Versorgung von männlichen und weiblichen Rheumapatienten wird intensiv gesucht.

Zeitpunkt der Diagnose

Als mögliche Ursache für die späte Diagnose – z. B. wird eine systemische Sklerose bei Frauen erst ein Jahr später als bei Männern diagnostiziert – nannte die Rheumatologin den in der Regel schwereren Krankheitsverlauf bei Männern. Schäden an Organen zeigten sich oft früher und gäben eher Hinweise auf eine rheumatische Erkrankung. Auch bildeten sich bei Männern, etwa bei der systemischen Sklerose, spezifische Anti-Scl-70-Antikörper und erhöhte Akute-Phase-Marker im Blut früher. „Hinzu kommt, dass Frauen ein vielfältigeres Bild an Symptomen zeigen, was eine eindeutige Diagnose zusätzlich erschweren kann“, sagte Kiltz. Diese Unterschiede ließen sich unter anderem auf hormonelle, immunologische und (epi)genetische Unterschiede zurückführen.

Wirksamkeit von Medikamenten

Ob sich die Wirksamkeit von Medikamenten zwischen den Geschlechtern unterscheidet ist umstritten. Viele immunsuppressive Therapien wirken bei Frauen weniger dauerhaft und erreichen im Vergleich zu Männern seltener das Therapieziel einer niedrigen Krankheitsaktivität. Eine Ursache dafür könnte sein, dass Frauen in der Selbstauskunft die Krankheitsaktivität höher einschätzen als Männer.

Soziale und psychologische Folgen

Zudem können rheumatische Erkrankungen bei Männern und Frauen unterschiedliche soziale und psychologische Folgen haben, die auch mit Unterschieden in den gesellschaftlichen Erwartungen und Rollenbildern zusammenhängen. „Hier stehen wir ganz am Anfang: Es besteht noch ein erheblicher Forschungsbedarf, um die Kontextfaktoren so weit zu verstehen, dass eine personalisierte Medizin möglich ist“, erklärte Kiltz.

Quellen
  • DGRh-Kongress 2023, Vorab-Pressekonferenz vom 23.08.2023. iww.de/s8790
  • Albrecht K, Strangfeld A: Geschlechtsspezifische Unterschiede in Diagnostik und Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen. Innere Medizin 2023; 64:744–751; doi.org/10.1007/s00108-023-01484-3

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