Komplexes Wechselspiel aus Umgebungs-, Lifestyle- und genetischen Faktoren trägt zur RA bei

Die Entstehung entzündlicher Autoimmunerkrankungen wie RA basiert auf einem komplexen Wechselspiel von genetischen Faktoren, Umgebungs- und Lifestylefaktoren. Welche Faktoren dabei die zentrale Rolle einnehmen, ist Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Untersuchungen, aber bis heute nur z. T. verstanden. Schwedische Forscher beleuchten in einem Review-Artikel den Erkenntnisstand.

Genetische Faktoren

Der Einfluss der Genetik scheint geringer zu sein als oftmals angenommen. Laut Studien bei eineiigen Zwillingen liegt die Konkordanz einer RA bei circa 15 Prozent. In neueren populationsbezogenen Studien wurde die Konkordanz einer seropositiven RA-Erkrankung (ACPA- oder RF-positiv) bei beiden Zwillingen mit rund 10 Prozent beziffert, die Konkordanz einer seronegativen Erkrankung auf nur 5 Prozent. Es bleibt somit großer Raum für andere Einflussfaktoren. Die Datenlage zur Bewertung einzelner Faktoren ist aber nicht sehr groß.

Lebensstil

Rauchen gilt als unabhängiger Risikofaktor für eine RA. Ein starker Einfluss wurde nach Angaben der schwedischen Forscher vor allem bei seropositiven RA-Populationen beobachtet. Auch Übergewicht wurde in den meisten Studien mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko assoziiert. Recht uneinheitlich sind die Daten zum Einfluss von Ernährungsfaktoren. Vermutet wird ein gewisser Schutz vor einer RA bei reichhaltigem Konsum von fettem Fisch oder Omega-3-Fettsäuren. Verstärkt wird hingegen das RA-Risiko laut neueren Studien durch hohen Kochsalzkonsum. Ernährungsempfehlungen werden aber bisher bei limitierter Datenlage nicht gegeben. Ein Alkoholkonsum scheint in moderatem Maße das RA-Risiko zu reduzieren.

Studien zur körperlichen Aktivität konnten bisher keine protektiven Effekte von regelmäßigem Sport auf das Erkrankungsrisiko nachweisen. Es gibt allerdings Evidenzen, dass Patienten, die regelmäßig körperlich aktiv waren, einen milderen Krankheitsverlauf einer RA aufweisen als Patienten mit überwiegend inaktivem Lebensstil.

Berufsbezogene Faktoren

Berufsbezogene Risiken sind ebenfalls möglich, aber auch hier gibt es bisher nur wenige Daten. Z. B. wurde eine Quarzstaubexposition mit der Entstehung einer RA assoziiert, insbesondere mit seropositiven Erkrankungen. Als wahrscheinlich gilt eine Interaktion zwischen Rauchen und Quarzstaubexpo- sition. Arbeiten in kalter Umgebung, Schicht- oder Nachtarbeit korrelierten in Studien ebenfalls mit einem moderat erhöhten RA-Risiko. Weitere Untersuchungen seien nötig, so die Autoren.

Hormonelle Faktoren

Hinweise gibt es auch für einen Einfluss hormoneller Faktoren auf das RA-Risiko. Stillen wurde in einigen Studien mit einem verringerten RA-Risiko assoziiert. Auch die Einnahme oraler Kontrazeptiva in der Vergangenheit korrelierte in einer Fall-Kontroll-Studie mit einem verringerten Risiko einer ACPA-positiven RA.

Infektionen

Ob Infektionen das RA-Risiko beeinflussen können, ist unklar. Eindeutige Hinweise für einen Einfluss gibt es bisher nur für eine Infektion mit Porphyromonas gingivalis, den klassischen Erregern einer Parodontitis. Diese Bakterien generieren citrullinierte Proteine, die mit ACPA interagieren, und könnten womöglich auch eine ACPA-RA triggern, so die Autoren.

Fazit

Alle genannten Faktoren könnten individuell in komplexen Interaktionen – lange Zeit vor dem Auftreten der ersten charakteristischen Krankheitssymptome wie Arthralgien – an der Ätiologie einer RA beteiligt sein. „Die krankheitsassoziierte Autoimmunität entwickelt sich lange vor den ersten Krankheitssymptomen“, so die Autoren.

Zudem tragen vermutlich unterschiedliche molekulare Mechanismen zu den unterschiedlichen Symptomen einer RA wie z. B. Arthralgien, Gelenkentzündungen und Knochenverlust bei.

 

Quelle

  • Klareskog L et al., The importance of differences; On environment and its interactions with genes and immunity in the causation of rheumatoid arthritis. J Intern Med; 2020; 287: 514–533; doi.org/10.1111/joim.13058