Erstmals Leitlinie zur Gicht erschienen

von Dr. Marianne Schoppmeyer, Ärztin und Medizinjournalistin, www.medizinundtext.de

Die Gichtarthritis ist die häufigste Form der Arthritis in Deutschland. Schätzungen zufolge leiden ein bis zwei Prozent der Bevölkerung an Gicht. Laut der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie werden diese Patienten häufig inadäquat versorgt. Um diese Situation zu verbessern, ist nun erstmals eine Leitlinie zur Gichtarthritis aus fachärztlicher Sicht erschienen, deren wichtigste Aussagen im Folgenden zusammengefasst werden.

Gelenkpunktion anstreben 

Der Goldstandard für eine sichere Diagnose ist der Nachweis von Natriumuratkristallen in der Gelenkflüssigkeit. Daher sollte das betroffene Gelenk punktiert werden. Ist dies nicht möglich, bieten sich als Alternativen die Arthrosonografie und die Dual-Energy-CT an. Der Harnsäurespiegel im Serum ist während eines akuten Gichtanfalls nicht unbedingt erhöht.

Therapiealternative beim akuten Gichtanfall: Canakinumab 

Der akute Gichtanfall wird mit NSAR, Glukokortikoiden oder Colchicin in niedriger Dosierung therapiert. Ist diese Therapie nicht ausreichend (drei und mehr Gichtanfälle/Jahr) oder bestehen Kontraindikationen, kann der monoklonale, humane IL-1ß-Antikörper Canakinumab erwogen werden.

Harnsäuresenkende Therapie 

Ist die Gicht gesichert, kann eine harnsäuresenkende Therapie mit Allopurinol oder Febuxostat eingeleitet werden. Im Gegensatz zur gängigen Praxis zeigte eine kontrollierte Studie, dass mit Allopurinol bereits im akuten Schub gestartet werden kann. Sind die genannten Urikostatika nicht ausreichend wirksam, sollten Urikosurika wie bspw. Benzbromaron oder Probenecid gegeben werden. Die Harnsäure sollte dauerhaft auf ≤ 6 mg/dl eingestellt werden und zu Beginn der Therapie häufiger, später zumindest vierteljährlich kontrolliert werden.

Mit Beginn der harnsäuresenkenden Therapie sollte eine Anfallsprophylaxe für drei bis sechs Monate mit Colchicin durchgeführt werden bis eine Harnsäure-Homöostase eingetreten ist. Alternativ kann ein NSAR oder Glukokortikoide eingesetzt werden.

Vorgehen bei tophöser Gicht 

Bei schwerer tophöser Gicht ist es sinnvoll, die Harnsäure stärker auf ≤ 5 mg/dl zu senken, da die Tophi sich dann schneller verkleinern. Sind Urikostatika und Urikosurika nicht ausreichend wirksam, kann unter Umständen Pegloticase – eine rekombinante Uricase, welche Harnsäure spaltet – verordnet werden. Allerdings müssen die unerwünschten Wirkungen wie allergische Zwischenfälle unbedingt beachtet werden.

Komorbiditäten 

Bei Gichtpatienten treten häufig Komorbiditäten auf, welche die Therapie erheblich erschweren können, bspw. Diabetes mellitus oder Osteoporose bei Glukokortikoidtherapie oder Niereninsuffizienz bei Gabe von NSAR. Weitere häufige Komorbiditäten sind Hypertonus, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Nierensteine und Schlaganfall. Diese Erkrankungen müssen erfasst werden, da sich daraus spezifische therapeutische Konsequenzen ergeben können. So sollten bspw. Medikamente, die die Harnsäure im Serum erhöhen (wie Schleifendiuretika und Thiazide) nur mit strenger Indikationsstellung und Überwachung eingesetzt werden.

Lebensstil verändern 

Patienten mit Gichtarthritis sollten umfassend über ihre Erkrankung informiert werden. Dazu gehört es insbesondere, auf die Notwendigkeit der regelmäßigen Medikamenteneinnahme hinzuweisen sowie auf einen gesunden Lebensstil. Patienten sollten den Konsum von Alkohol, Fleisch, Schalentieren und Getränken, die mit Fruktose angereichert sind, reduzieren.

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